MI: erste Mindener Wählervereinigung feiert 30 Jahre Kommunalpolitik

Fraktionsvorsitzender Harald Steinmetz (Mitte) begrüßt die Gäste beim Empfang der Mindener Initiative. Mit dabei Mindens Bürgermeister Michael Jäcke (r.). Foto: MI/privat
Fraktionsvorsitzender Harald Steinmetz (Mitte) begrüßt die Gäste beim Empfang der Mindener Initiative. Mit dabei Mindens Bürgermeister Michael Jäcke (r.). Foto: MI/privat

Minden (MI). Sie war die erste freie Wählergemeinschaft in Minden und im Rat: die Unabhängige Wählervereinigung Mindener Initiative (MI) wurde vor 30 Jahre gegründet.

Es begann mit gerade einmal zwei Aktiven und einem Megafon. Sie waren 1994 alles andere als „Wutbürger“. Sie wollten Politik für und mit den Bürgerinnen und Bürgern machen. Ganz ohne Parteibuch.

„Unser Grundkonsens war – und ist noch heute -, sich in keine Parteilinie einbinden zu lassen und große Kooperationen und absolute Mehrheiten sehr kritisch zu begleiten“, beschreibt Harald Steinmetz die Ausgangslage. Gemeinsam mit Frank Tomaschewski, der vor drei Jahrzehnten die Initialzündung für die Bildung der Mindener Initiative gab, gehört der ehemalige Hauptschulleiter und heutige Fraktionssprecher der Unabhängigen Wählervereinigung zu den Gründern.

Schnell gesellten sich damals in der Bürgerschaft aktive Mindener dazu. Darunter der inzwischen verstorbene Stadtbrandmeister Helmut Schäpsmeier und Edith von Wrisberg, die bis 2020 mit den MI-Mitgliedern Peter Westhäuser, Karl-Ludwig Sierig, Jürgen Rodenberg und Harald Steinmetz in den einzelnen Legislaturperioden die Ratsfraktion bildeten.

Mehr als 200 Interessierte bei erster Versammlung

Als Ende Januar 1994 die erste große Versammlung des Vereins „Mindener Initiative“ im Hotel Bad Minden stattfand, hatten sich die Gründer auf eine kleine Schar Interessierter eingestellt. „Mit mehr als 200 Gästen platzte der Saal aber aus allen Nähten“, zeigt sich Harald Steinmetz, der damals zum ersten Vorsitzenden des Trägervereins gewählt wurde, noch drei Jahrzehnte später überrascht. Dabei ist er sich bewusst: „Heute würde eine solche Gründung vermutlich nicht mehr so viele Bürgerinnen und Bürger locken. Und die Interessenlage der Einzelnen würde viel weiter auseinandersplittern.“

Mit starkem Rückenwind startete die MI in die Politik. „Im Mittelpunkt hat dabei immer gestanden, Bürgern die Möglichkeit zu geben, sich aktiv am kommunalpolitischen Geschehen zu beteiligen, ohne ein Parteibuch in der Tasche zu haben“, betont Steinmetz, der von 2004 bis 2020 auch stellvertretender Bürgermeister der Stadt war, rückblickend. Um diese Initiative publik zu machen, stellten sich die Gründer mit Handzetteln und Megafon in die Fußgängerzone. „Erste zaghafte Versuche, uns weiter bekannt zu machen“, schmunzelt er rückblickend. „Facebook, X oder TikTok waren damals noch gar kein Thema.“

Nicht unter dem Aspekt „Wenn ich nicht mehr weiterweiß, dann bilde ich einen Arbeitskreis“, sondern um politisch Interessierten Projektarbeit zu ermöglichen, wurden kurz nach der Gründung der MI Arbeitskreise gebildet. Sie waren orientiert an den Schwerpunkten kommunalpolitischer Aufgaben: Schule, Jugend und Kultur, Bau und Verkehr, Wirtschaft und Finanzen, Soziales, Rettungswesen und die Seniorenarbeit waren einige dieser Aufgabenbereiche.

Mit 7,6 Prozent in den Mindener Rat

Dass dieses Vorgehen seine Wirkung zeigte, wurde wenige Monate später bei der Kommunalwahl 1994 deutlich. Mit knapp 7,6 Prozent zog die Mindener Initiative in den Rat ein. „Die absolute Mehrheit der SPD war gebrochen, die FDP und die Republikaner verloren ihre Sitze in der Stadtverordnetenversammlung“, schildert Harald Steinmetz. „Wir bildeten fortan eine echte Alternative zu den etablierten Parteien als eine Gemeinschaft, die offen für alle Bürger ist.“

Klaus-Joachim Riechmann, Brigitte Stotz, Frank Tomaschewski und Steinmetz bildeten damals die erste MI-Ratsfraktion. Edith von Wrisberg war zunächst als Sachkundige Bürgerin tätig.

Mit dem Einzug in das Rathaus, zeigten sich aber auch die Probleme. Die kleine Fraktion hatte nur einzelne Sitze in den Fachausschüssen. Gemeinsam mit den Sachkundigen Bürgerinnen und Bürgern, die bis heute kein Mitglied des MI-Trägervereins sein müssen, galt und gilt es, alle kommunalpolitischen Themen zu besetzen. Im Hintergrund arbeitet keine Geschäftsstelle, es gibt keinen Fraktionszwang. Auch das machte die politische Arbeit nicht immer einfach, war aber ein Stück Selbstverständnis der MI.

In den Folgejahren festigte die Wählervereinigung bei den Kommunalwahlen ihre Position im Rat. Im Schnitt bei 7 Prozent lagen jeweils die Wahlergebnisse. Leitende Funktionen in verschiedenen Fachausschüssen ergaben sich daraus. Und als Steinmetz 2004 gegen Michael Buhre (SPD) als Bürgermeisterkandidat antrat, kam die MI sogar auf fast 13 Prozent der Stimmen.

Politik wird überall gemacht

Die Fraktionsmitglieder sammelten zudem ganz eigene Erfahrungen. „Man gewinnt viele neue Bekannte, verliert aber auch viel Zeit für ‚alte‘ Freunde. Und Politik wird nahezu überall gemacht. Im Zweiergespräch ebenso wie am Telefon“, so Harald Steinmetz.

Während bei den Ergebnissen einigermaßen Stabilität herrschte, wechselten die aktiven Köpfe. „Ein klassisches Problem von Wählervereinigungen, in denen viel Individualität aufeinandertrifft“, erklärt der aktuelle MI-Vorsitzende Bernd Vogel als Nachfolger von Jürgen Gebauer, der in diesem Amt bereits der sechste Vorsitzende war. „Bewegung herrscht in einer solchen Gemeinschaft insgesamt. Einige wechseln von Parteien in die Wählervereinigung, andere gehen den entgegengesetzten Weg“, schildert er die Vereinssituation. Die Ratsfraktion selbst zeige sich dagegen als feste Gemeinschaft.

„Das macht die kommunalpolitische Arbeit insgesamt um so spannender“, schaut Harald Steinmetz auch in die Zukunft. Die Position der Mindener Initiative sei immer gesetzt gewesen. „Wir wollen an der Sache orientierte Politik betreiben und setzen uns für ein kooperatives Arbeiten ein. Wir machen keine Krawallpolitik und gestalten mit, statt Fundamentalopposition zu betreiben“, blickt er auch ein wenig besorgt auf die aktuelle politische Situation.

Streitbar, zuverlässig, ehrlich und bürgernah

Streitbar, zuverlässig, ehrlich und bürgernah lauteten nach wie vor die Attribute der Mindener Initiative. „Das hat sich in den drei vergangenen Jahrzehnten bewährt.“ So habe die MI damals mit ihren Initiativen und einer hoch engagierten Ratsfrau Edith von Wrisberg unter anderem die Verbraucherberatung in Minden sichern, das Fort A als Kulturstätte mitentwickeln, Budgets für die Schulen durchsetzen und die Bildungseinrichtungen vor den Problemen der Haushaltssicherungskonzepte schützen können. Das Mindener Museum wurde vor einer Schließung bewahrt und den interfraktionellen Arbeitskreis Finanzen, der vor den Haushaltsverabschiedungen tagt, konnte etabliert werden. Der Einsatz für ein Glascafé an der Martinitreppe, sowie ein Kaffeemuseum am Markt war leider nicht erfolgreich. Ebenso wurde vor Jahren die MI-Initiative „Der Wochenmarkt gehört auf den Marktplatz“ hoch kritisiert und abgelehnt. Heute sehe man das offensichtlich anders, blickt Steinmetz auf die seit Mitte April laufende Versuchsphase, donnerstags den Wochenmarkt auf den Markt zu holen.

Nach der Kommunalwahl im Jahr 2020 besetzt die MI mit Ria Urban und Harald Steinmetz nur noch zwei Ratsmandate, da sich in den vergangenen Jahren der Kreis durch mehrere Parteien und Wählergemeinschaften als Mitbewerber erheblich vergrößert hat. Ria Urban vertritt die MI als stellvertretende Fraktionsvorsitzende mit den Schwerpunkten Bildungspolitik, Kultur, Freizeit und Finanzen im Rat und im Hauptausschuss
Das Vereinsleben komme bei alledem aber nicht zu kurz, betont Vereinsvorsitzender Bernd Vogel. „Das werden wir weiter bei unseren traditionellen Zusammenkünften wie Besichtigungen, Ausflügen und Fahrten unter Beweis stellen, zu dem wie immer politische Freunde und Verwaltungsmitglieder eingeladen werden, mit denen wir dieses Mal auch unser kleines Jubiläum feiern werden.“

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